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Nähideen aus Japan & Frankreich

Puristische und dennoch interessante Schnittmuster treffen genau meinen Geschmack! Zwei Modelle – beide aus wunderschönen Nähbüchern – stelle ich Euch heute vor.

Das japanische Schnittmusterdesign zeichnet sich ja häufig durch schlichte und oft sehr weit geschnittene Kleidungsstücke aus. Beides trifft auch auf das kurzärmelige Top mit Bieseneinsatz zu.

Quoi? Quoi? Schnittmusterbuch aus Japan

Auf das 2019 erschienene Buch mit dem Titel “Quoi? Quoi?” bin ich kürzlich auf Instagram gestoßen und habe es (für circa 30 Euro inkl. Versand) direkt in Japan bestellt. Nach einer guten Woche Lieferzeit kam es per Einschreiben ins Haus und ich habe mich beim ersten Durchblättern in etliche Modelle verliebt. Das Buch ist in japanischer Sprache geschrieben und auch über die Google Translator App nur schwer zu entziffern. Teilweise habe ich sehr ulkige Übersetzungen zu lesen bekommen: “Wir unterstützen auch Gelegenheitspartys”, “Nähen Sie den Körper und die Schildkröte zusammen”, etc. Das sorgt zwar nicht für Klarheit beim Nähen, aber immerhin für viele Lacher. Wenigstens sind den Modellen lateinische Buchstaben zugeordnet, die sich auf den Schnittmusterbogen und in der gut bebilderten Nähanleitung wiederfinden. Dadurch hatte ich keinerlei Schwierigkeiten, die Schnittmusterteile für Modell “K” herauszukopieren und die richtige Anleitung zu finden.

Übernähte Stehfalten

Der Clou dieses ansonsten schnörkellosen Shirts (von dem es auch eine Kleidervariante gibt) sind die Biesen oberhalb der Brust, die nach unten aufspringen. Diese Technik der “übernähten Stehfalten” habe ich vor einiger Zeit in dem Buch von Ruth Singer (“Stoff Manipulation”, Stiebner Verlag) entdeckt und wollte sie immer einmal ausprobieren. Hier war sie im Schnitt gleich integriert – wie praktisch! Konkret werden hier 11 Biesen fußbreit abgesteppt. Die Faltengipfel habe ich mit Garn markiert, gebügelt und mit dem normalen Nähfuß genäht.

Danach habe ich alle Falten in eine Richtung gebügelt und dann am unteren Faltenende die Falten mit einem 3er-Stich quer übernäht. Im Abstand von 5 Zentimetern werden parallel weitere Nähte abgesteppt, wobei die Falten dann jeweils in die entgegengesetzte Richtung geklappt sind. Total simpel aber ausgesprochen schick, wie ich finde!

Da der Schnitt weder einen Reißverschluss noch einen Schlitz vorsieht, kann man das Top an einem Nachmittag nähen. Klingt alles wunderbar, oder? Der Haken an der Sache kommt leider noch …

Was sagt die Wetter-App dazu?

Ich habe nun ausführlich über das Vorderteil dieses Schnittmusters gesprochen. Das Rückenteil hat eine Mittelnaht und fällt ausgesprochen weit!! Der rückwärtige Saum hat eine Weite von rd. 100 cm, dazu kommen noch 70 cm Saumweite des Vorderteils – also 170 cm Umfang! Aufgrund der Maßtabelle hatte ich mich für Größe L entschieden – in den kleineren Größen bleibt die Tendenz der extrem weiten Schnittführung natürlich auch.

Beim Fotoshooting habe ich dann festgestellt, dass diese Weite – obschon sie sehr bequem ist – auch Nachteile haben kann: Es kam nämlich eine kleine Windbö um die Ecke und dann … seht selbst!

Der Stoff hat sich aufgeblasen wie ein Ballon!

Änderungsvorschläge

Aufgrund dessen habe ich im Nachhinein jeweils 6 cm Weite aus den Seiten des Rückenteils genommen. Statt eines relativ festen Baumwollstoffs würde ich mich für ein weicheres Material entscheiden (z.B. Musselin oder Crepe), das etwas weniger voluminös fällt. Ob das Top dadurch Windstößen standhält, ist allerdings eine andere Frage. Man müsste vielleicht ein Bleiband einnähen. 😉

Mit meinem zweiten Top – “Le521” von dp studio – werden mir peinliche Situationen dieser Art nicht passieren, da es nämlich ein Bündchen hat. 😉

Fashion Couture: Le 521

Als eingefleischter dp studio Fan habe ich mir letztes Jahr das Nähbuch “Fashion Couture” gekauft und nun das geflochtene, ärmellose Top Nr. 521 ausprobiert. Im Unterschied zum japanischen Oberteil hat mich dieses Modell viel Zeit gekostet. Eine Arbeit, die sich gelohnt hat!

Die unzähligen Stoffstreifen zum Flechten werden an den Kanten mit Vliselineband verstärkt, damit sich der Stoff beim Versäubern nicht wellt. Ich habe die Viskose übrigens mit der Overlock versäubert, umgeklappt und abgesteppt. Bei zweimaligem Einschlagen wäre mir die ganze Sache zu dick geworden. Stichwort Viskose: Den Stoff in einer nicht ganz so dünnen Qualität hatte ich kürzlich bei “Idee Creativ” in Berlin gekauft. Nach der Vorwäsche war der Stoff völlig verknittert und ließ sich auch nicht mehr glatt bügeln. Anfangs habe ich mich geärgert, dann aber gedacht, dass ein knittriger Stoff nicht die schlechteste Wahl ist, weil sich das fertige Vorderteil ohnehin kaum bügeln lässt.

Das Flechten der vielen Einzelteile des Vorderteils war schon eine richtige Puzzlearbeit. Die Streifen liegen lose aufeinander und werden untereinander nicht weiter fixiert. Mit dem doppelt gelegten Jersey-Bündchen werden die Streifen zusammengehalten und das ganze Teil leicht geschoppt.

Änderungen

Bei diesem Modell habe ich in Größe 40 zugeschnitten. Ich würde beim nächsten Mal den Armausschnitt kleiner machen, da er – wie auf dem letzten Bild zu sehen – etwas zu groß ausfällt. Ansonsten ist der Schnitt “top” und hielt auch keine Überraschungen bereit.

So, nun geht es an die Herbstmodelle. Habt Ihr damit schon begonnen?

Beim MeMadeMittwoch begrüßt uns heute Elke mit einer wunderschönen Culotte, die ich auch gerne nähen möchte. Die Inspiration zu der schwarzen Nadelstreifenhose (Burdastyle 10/2018) hatte ich neulich auch beim MeMadeMittwoch (bei Ina/Fitzladen) gefunden.

Herzliche Grüße

Julia

28 Kommentare

  1. […] das japanische Nähbuch “Quoi, quoi” habe ich auf meinem Blog ja schon berichtet. Hier zeige ich ein weiteres Modell aus diesem […]

  2. Erstmal meinen allergrößten Respekt, dass du dich trotz der erschwerten Sprachbarriere (wann immer man die gleichen Buchstaben hat wie die neue Sprache…) da radgewagt hast.
    Und vielen Dank für die Lacher (Gelegenheitsparty / Schildkröte) 😀
    Aber die Ergebnisse sind ja wirklich der Hammer!!
    Ich hab zwar trotz Beschreibung nur Bahnhof verstanden, aber das liegt sicher nicht an dir, ich denke man muss die Schritte dabei ausüben um sie zu verstehen.
    Ach und ich liebe deine positiven Gedanken zum nicht-bügelbaren Stoff. Aber Recht hast du, was die bügelbarkeit des fertigen Shirts angeht.
    Tolle Ergebnisse!!
    Viele Grüße,
    Melanie

  3. Das sind echt zwei besondere Stücke! Deine Farbwahl macht trotz der Details echte Basics draus, die mir sehr vielfältig kombnierbar scheinen.
    Japanische Schnittmuster finde ich immer wieder schön und mag die Konsequenz des Stils – die weiten Stücke, die trotzdem nicht nach Säcken, sondern besonders aussehen.

  4. Sooo schön! Beide Teile haben was ganz Besonderes. Das Biesenblüsle ist klasse , ja kann mir aber vorstellen das man eine gewisse Unsicherheit hat wenn sich das Unterteil aufbauscht, ähnlich wie bei einem weiten Rock 🙂
    LG
    Christine

  5. Das sind wieder zwei tolle Entdeckungen! Das Biesenshirt gefällt mir besonders gut und ich denke, dass da eine gewisse Diskrepanz zwischen Außen- und Innensicht besteht. Die japanischen Schnitte haben ja oft so viel Weite und wenn ich damit vor dem Spiegel stehe, denke ich immer, dass es zu viel ist. In Bewegung haben sie dafür aber einen besonderen Schwung und man steht ja wirklich selten still rum.
    LG Malou

  6. Die übernähten Stehfalten sind super. Mich stört auch das Ballonartige im Wind nicht. Im Gegenteil, ich mag die Verbindung von Skulpturalem und leichtem Stoff sehr gern. Ein tolles Top. Liebe Grüße Manuela

  7. Klasse, deine zwei Schnittentdeckungen.
    Übernähte Stehfalten habe ich vor Jahren mal bei einem Ottobrekleidchen für die Tochter genäht, wobei ich nicht wusste, dass diese Methode so benannt wird, und ich kann mich noch erinnern, dass sie wirklich nicht schwer zu nähen sind. Der Effekt ist wirklich toll.
    LG von Susanne

  8. Oh, wow! Zwei außergewöhnliche Tops. Die Idee mit den in verschiedene Richtungen gesteppten Biesen kann man bestimmt auf andere Modelle übertragen, wenn man das Original mit der großen Saumweite nicht mag. Die Flechtungen des zweiten Tops sind super. Das würde ich am liebsten sofort für mich nähen. Diese Designs werde ich mir auf jeden Fall merken. Ich gratuliere dir zu zwei exzeptionellen Oberteilen.
    LG
    Siebensachen

  9. Einfach toll und aufregend! Das erste Oberteil erinnert an origami / Papierfalten… Vielleicht kannst du es bei Wind (teilweise) in der Hose tragen? Das zweite Oberteil sieht auch so toll aus… Bin wieder begeistert und beeindruckt! LG Sarah

  10. Das sind zwei sehr interessante Oberteile, beide finde ich sehr schön, sicher auf verschiedene Arten.
    Beim ersten ist die Nähtechnik sehr interessant. Witzig, daß man durch einfaches Abnähen der Biesen in verschiedene Richtungen diese Wellen schaffen kann! Sicher kann man das auf andere Schnitte problemlos übertragen. zu weit finde ich es nicht, und man könnte doch aus dem Rücken sicher problemlos Weite herausnehmen, wenn es wirklich stört.
    Das Flechttop gefällt mir sehr, sehr gut- aber da ist meine ganz praktische Frage, halten denn die geflochtenen Teile? Was passiert beim Waschen, verrutscht da nicht die ganze Pracht?
    LG Barbara

  11. SaSa SaSa

    Beide Teile gefallen mir sehr gut! Das erste Top kann ich mir auch sehr gut aus einem leichten Stoff vorstellen, auch ohne Bleiband! Auch das zweite Top ist ein Hingucker. Die Armausschnitte sind ein wenig ärgerlich, aber das kannst Du beim nächsten Top ja ändern. Ich glaube, ich muss mir das Buch doch auch kaufen(, bisher haben mich die Portokosten abgehalten).
    Liebe Grüße, SaSa

    • piek&fein piek&fein

      Hallo SaSa,
      das Buch lohnt sich auf jeden Fall. Ich hoffe, dass man es noch kaufen kann – dp studio hat ja leider die Arbeit eingestellt, was ich sehr bedaure! Normalerweise messe ich die Größe des Armlochs vor dem Zuschneiden aus. Durch die vielen Schnittteile war das hier etwas unübersichtlich.
      LG Julia

  12. Wow – die Tops sind beide wirklich was Besonders. Ich kann mich gar nicht entscheiden, welches mir besser gefällt. Und durch die Stoffwahl kommt die Verarbeitung so richtig gut zur Geltung. Liebe Grüße, Steffi

    • piek&fein piek&fein

      Hallo Steffi,
      die Tops sind wirklich komplett verschieden und daher finde ich es ganz schön, dass beide zur Hose passen.
      LG Julia

  13. Tolle Teile! Biesenspielereien mag ich ja eh, und auch das zweite Top ist mega. Das ganze Verstärken und Absteppen würde mich ja etwas schrecken, ob das auch unversäubert mit Jersey gehen würde?
    Liebe Grüße Christiane

    • piek&fein piek&fein

      Liebe Christiane,
      mit Jersey wird das nicht funktionieren, weil die Streifen vermutlich in sich zusammenfallen werden. Das Verstärken finde ich nicht so tragisch, weil es ja diese vorgefertigten schmalen Vlieseline-Bänder gibt. Darauf verzichten sollte man auf keinen Fall. Also Du hast Recht: dieses Top benötigt etwas Zeit.
      Herzlichen Gruß
      Julia

  14. Liebe Julia du bist auch immer für Überraschungen gut. Großes Kino mit deinen beiden Tops. Die Methode bei der Verzierung von Top 1 klingt ja wirklich nicht schwer. Hätte ich nicht erwartet. Ich mag ja dieses leichte Abstehen deines Top. Von daher finde ich deine Materialwahl perfekt. Crass das da soviel Weite verarbeitet werden sollte.
    Dein zweites Top ist wirklich etwas ganz besonderes. Dass du damitviel Zeit verbracht hast, nachvollziehbar.
    Ich würde beide Tops gern in meinem Kleiderschrank haben wollen 🙂
    Dankeschön fürs Vorstellen deiner besonderen Schnitte. Ich hätte dir sogar japanisch zugetraut 😉
    Liebe Grüße und ich bin gespannt was du für den Herbst geplant hast,
    Birgit

    • piek&fein piek&fein

      Hallo Birgit,
      nein, ich kann überhaupt kein Japanisch. Aber das ist wie gesagt auch nicht nötig, um mit diesem Buch zu arbeiten. Eine englische Übersetzung würde aber sicherlich die Verkaufszahlen steigern. Ich fände es auch schön, in irgendeiner deutschen Buchhandlung solche Bücher zu finden. Leider ist mir keine bekannt.
      Danke für Deine netten Worte und viele Grüße
      Julia

  15. Tily Tily

    Wieder einmal zwei sehr schöne Projekte, bei Dir finde und freue ich mich jedesmal übee Inspiration! Das Flechtwerk wäre mein Favorit, sind die Streifen nur am Ansatz und im Bündchen fixiert? Klingt luftig und nach erforderlicher Unterwäsche… Viele Grüße Tily

    • piek&fein piek&fein

      Vielen Dank, liebe Tily! Genau, die Streifen werden nur unten am Bündchen und an der Blende (sowie in der Seitennaht) fixiert. Ansonsten ist das Flechtwerk lose. Ich hatte ausprobiert, wie es ausschaut, wenn man die Streifen fixiert, wo sie sich kreuzen. Das sieht aber nicht gut aus. Ganz ohne Unterwäsche würde ich das Top nicht tragen …

      Herzlichen Gruß
      Julia

  16. Zwei wirklich interessante Tops – und in purem weiß, das ich ja liebe – kommen die Raffinessen so richtig zum Ausdruck. Ich finde das japanische noch spannender und nicht nur, weil die Machart wirklich simple ist. Sieht toll aus und man denkt sich: oh – kompliziert. Aber nach Deiner Beschreibung fällt es einem wie Schuppen von den Augen.

    LG Anke

    • piek&fein piek&fein

      Liebe Anke,
      letzten Endes kann man die Tops nicht miteinander vergleichen. Bei dem japanischen Oberteil habe ich schon Sorge, dass es “wegfliegt” und probiere jetzt die Kleidervariante.
      Herzliche Grüße
      Julia

  17. Zwei aufwändige Oberteile, auch wenn du die Arbeit bei den Biesen gekonnt herunterspielst 😉 Ich schrecke vor solchen Verarbeitungstechniken noch etwas zurück, aber der Effekt kann sich sehen lassen. Sehr gelungen!
    Viele Grüße
    Jenny

    • piek&fein piek&fein

      Hallo Jenny,
      die Biesenverarbeitung ist wirklich nicht schwer. Man sollte nur die Falten ordentlich einzeichnen. Füßchenbreit absteppen und die Biesen umklappen ist ja kein Hexenwerk.
      LG Julia

  18. Ich bin sehr begeistert, vor allem von den Biesen, diese Technik kann man prima bei allen möglichen Sachen einarbeiten und uni Kleidungsstücke extrem aufwerten, sieht wirklich einfach und schnell aus, vermutlich muss man es auch nicht unbedingt alles einreihen, sondern stecken reicht (wenn man es nicht so perfekt machen will, was bei mir der Fall wäre), nach dem Buch muss ich mal in der Bibliothek schauen, Stiebner ist dort reichlich vorhanden, lg Anja

    • piek&fein piek&fein

      Hallo Anja,
      das Buch hält viele interessante Techniken bereit. Die Technik der “übernähten Stehfalten” – so heißt sie im Buch – kann ich mir auch bei Kissenhüllen gut vorstellen. Und Du hast Recht: der Stoff sollte uni sein, damit die Technik zur Geltung kommt.
      Herzlichen Gruß
      Julia

  19. Zwei wunderbare Tops, die ich auch gleich so nehmen würde. Viel Freude an ihnen! Regina

    • piek&fein piek&fein

      Danke, liebe Regina!

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