Für Nähexperimente bin ich immer zu haben und das Thema “Wearable Technology” – also in Textilien integrierte Elektronik – interessiert mich schon länger.
Kürzlich ich die Gelegenheit, an einem Modul der Fabricademy, einem 6-monatigen, internationalen Bildungsprogramm zu innovativen Lösungen in den Bereichen Textilien & Technik, teilzunehmen. In diesem Kontext habe ich diesen Pulli mit intergierten LED-Lampen genäht. Mein allererstes Wearables Projekt!
Und wie ich heute zeigen möchte, ist das gar nicht schwer zu realisieren.
Werkzeug und Materialien
Für ein Kleidungsstück mit eingenähten LEDs benötigst Du außer dem gängigen Nähzubehör (Schere, Nadeln, Stoff etc.) noch diese Materialien:
- LED-Lämpchen (geeignet für eine 3Volt-Batterie)
- Batterie (CR 2032, 3 Volt)
- Batteriehalter (LilyPad)
- leitfähiges Nähgarn (z. B. von Madeira, Amman)
- Schnabelzage
- Textmarker
Die LED-Lampen und die Batterie bekommt Ihr in Elektronikgeschäften (oder online z.B. bei Conrad). Den Batteriehalter und das leitfähige Garn könnt Ihr im Internet bestellen (z.B. www.ehajo.de / www.exp-tech.de).
Und schon kann’s losgehen! Ich zeige Euch jetzt, wie Ihr Step by Step einen Stromkreis auf Eurem Textil anbringen könnt. Dazu Prinzip funktioniert so: Die 3Volt-Knopfzellenbatterie versorgt die LED-Lampen mit Strom, damit sie leuchten. Dabei fließt der Strom durch das leitfähige Garn.
Step 1: LED-Lampe prüfen
Als erstes empfehle ich, die Funktionstüchtigkeit der LED-Lampen zu prüfen, denn die kleinen Lampen sind empfindlich. Ob sie funktionieren, lässt sich sehr leicht testen, indem Du die Batterie zwischen die Beinchen der LED-Lampe legst.
Wichtig: Sowohl die Knopfzelle als auch die LED-Lampe hat eine positiv (+) und eine negativ (-) gepolte Seite. Die positive Seite der Knopfzelle ist mit einem Plus (+) gekennzeichnet. Darauf legst Du das lange (positiv gepolte) Bein der LED-Lampe. Das kurze Bein legst Du auf die negativ gepolte Seite der Batterie und schon leuchtet die Lampe!
Step 2: LED am Textil befestigen
Im nächsten Schritt bringst Du die LED-Lampe am Stoff an. Zuvor markierst Du mit einem Textmarker das lange Beinchen (also die Plus-Seite) der Lampe, damit Du nachher Plus und Minus nicht verwechselst.
Dann stichst Du mit den Beinchen durch Deinen Stoff und biegst sie auf der linken Stoffseite auseinander.
Mit einer kleinen Zange biegst Du die Beinchen an den Enden zu kleinen Ösen, die Du als nächstes am Stoff festnähst.
Bei Bedarf kannst Du die Beine der LEDs vorher mit einer Kneifzange kürzen.
Die Ösen nähst Du jetzt mit normalem Nähgarn am Stoff an. Die kurzen Beine sollten auf einer Seite (bei mir oben im Bild), die langen auf der anderen Seite (unten) liegen. Entsprechend nähst Du auch den Batteriehalter mit ein paar Stichen fest.
Step 3: leitfähiges Garn vernähen
Um die LED-Beinchen mit der Batterie zu verbinden, kommt jetzt das leitfähige Garn zum Einsatz. Es enthält Silberbestandteile und lässt den Strom fließen. Keine Sorge übrigens: die hier erzeugte Spannung ist sehr gering.
Ich nehme den Faden doppelt, um die Leitfähigkeit zu erhöhen und nähe von der ersten Öse auf der Plusseite bis hin zur Plusseite des Batteriehalters.
Geh mit der Nadel ein paar Mal durch die Ösen, um eine gute Verbindung herzustellen. Das Gleiche machst Du auf der Minusseite. Wichtig ist, dass sich die beiden Nähte an keiner Stelle berühren, sonst kommt es zum Kurzsschluss.
Step 4: Batterie einlegen – fertig!
Jetzt musst Du nur noch die Batterie einlegen und die Lampen leuchten! Fertig!
Du kannst mehrere Lampen an eine Batterie anschließen – mehr als vier sollten es jedoch nicht sein.
Wearables am Kleidungsstück
Was ich hier exemplarisch gezeigt habe, soll am Ende Teil eines tragbaren Kleidungsstücks werden. Du überlegst Dir am besten schon vor dem Nähen, wie Du die Technik gut versteckst. Der Batteriehalter, das leitfähige Garn und die LED-Beinchen sind ja keine dekorativen Elemente und sollen unsichtbar bleiben. Bei meinem Pulli habe ich die LEDs zwischen die Perlen gesteckt und die Handstiche unter dem Perlenband versteckt.
Das nicht besondere schicke Innenleben habe ich unter einem Beleg versteckt. Der Beleg sorgt auch dafür, dass der Strom nicht direkt (und dauerhaft) mit der Haut in Berührung kommt. Das ist auch nicht empfehlenswert!
Das Perlenband war ein Zufallsfund auf dem Stoffschrottplatz in Münster. Alternativ kannst Du einzelne Perlen auf einen Pulli nähen. Ich würde mir in diesem Fall zwei Belege für den Halsausschnitt zuschneiden. Auf dem einen nähst Du die LEDs und den Stromkreis fest, so dass man von der rechten Stoffseite des Pullis nur die Glühbirnen (und nicht das Garn) sieht. Mit einem weiteren Beleg versteckst Du das Innenleben und schützt Deine Haut.
Ich hoffe, dass diese Anleitung einigermaßen verständlich war. Ich bin ja selbst noch blutiger Anfänger … Aber die Möglichkeiten faszinieren mich – und am Ende können sehr coole Sachen entstehen, wie dieses “intelligente” Kleid (Cognitive Dress von IBM), das ich vor zwei Jahren auf der Republica gesehen habe.
Unterstützung aus dem FabLab
Unterstützung für solche Projekte könnt Ihr Euch übrigens in einem FabLab holen, die es ja mittlerweile in vielen Städten gibt. Weitere Infos zur Fabricademy findet Ihr unter diesem Link. An dieser Stelle herzlichen Dank an Adriana, die mir bei meinem ersten Wearables Projekt sehr geholfen hat. 🙂
Dieser Pulli ist übrigens Teil meines Silvester-Outfits. Der zweite Teil – ein schicker Tüllrock – folgt in den nächsten Tagen!
Liebe Grüße
Eure Julia
+ Beitrag enthält Werbung durch Markennennung und Verlinkung (keine bezahlte Werbung)
Ein interessantes Projekt und als Experiment total gelungen. Mir selbst würde hierfür die Geduld fehlen. Scheint doch ein erheblicher Aufwand zu sein. Spannend ist es allemal und man kann gespannt sein, was sich auf diesem Gebiet in Zukunft so tut. LG Anke
Hallo Anke,
nein, das ist überhaupt kein großer Aufwand. Daher denke ich, dass ich auf jeden Fall weiter experimentieren werde.
LG Julia
Ich bin über deinen Nährückblick hier gelandet und mein Interesse war sofort geweckt. Die LEDs “versteckt” in der Perlenbordüre haben eine tolle Wirkung. Ich finde das sehr gelungen, gerade an dem ansonsten schlichten Shirt. Ich arbeite selbst gerade an einem Projekt, bei dem ein Lily Pad verwendet wird. Ich werde es an einem der nächsten Tage auf meinem Blog zeigen (falls du interessiert bist). Es handelt sich jedoch nicht um ein Kleidungsstück. Danke jedenfalls für das Tutorial; vielleicht finden sich ja noch Interessierte und Mitmacherinnen für zukünftige Projekte.
LG
Siebensachen
Das interessiert mich natürlich sehr! Es muss ja auch nicht unbedingt in einem Kleidungsstück stecken. Ich habe noch ein schönes Taschenprojekt im Sinn. Auf jeden Fall werde ich auf Deinem Blog vorbeischauen – ich freue mich sehr, dass es hier Mitstreiterinnen gibt!
LG Julia
Vielen Dank für das Tutorial!
Würdest Du vielleicht auch etwas über deine Erfahrungen mit der Fabricademy schreiben? Ich finde, es klingt alles sehr interessant, aber wenig fassbar in Struktur und Umsetzung (wahrscheinlich bin ich nur zu uncoool, es zu verstehen).
Liebe Grüße und eine schöne Feier im entsprechenden Outfit wünscht
Bele
Liebe Bele,
im Rahmen meiner beruflichen Arbeit betreue ich gerade ein Digitalisierungsprojekt in der Emscher-Lippe Region und habe in diesem Kontext Kontakt mit dem FabLab in Bottrop und mit der Fabricademy, die ein Fortbildungsangebot der weltweiten FabLab-Bewegung ist. Hier geht es um Innovationen im Bereich von Textilien und Technik (im weitesten Sinne). Die Fortbildung findet über einen Zeitraum von 3 Monaten in Online-Kursen statt. Du kannst Dir das so vorstellen: Du loggst Dich (als registrierter Teilnehmer) ein und hörst eine Vorlesung von einer Dozentin aus New York (oder von irgendwo auf der Welt). Die anderen Teilnehmer*innen sitzen an anderen Orten überall auf der Welt. Also ein internationales Format, was die Sache umso spannender macht. Dreh- und Angelpunkt sind FabLabs auf der ganzen Welt. Nach der Online-Vorlesung triffst Du Dich mit Deinem Betreuer in einem FabLab vor Ort und gehst von der Theorie in die Praxis. Bei mir war das in Bottrop. Ich habe (auf Einladung) nur an einem Modul teilgenommen. Der komplette Kurs kostet 5.000 Euro und wird mit einem größeren, eigenen Projekt abgeschlossen.
Mein LED-Projekt war ja ein reines Spaßprojekt. Man kann aber auch sehr sinnvolle Dinge mit diesen Techniken umsetzen – zum Beispiel Hilfsmittel und Assistenzsysteme für Menschen mit Behinderungen. Darum geht es übrigens auch in meinem Digitalisierungsprojekt.
Lieben Gruß
Julia
Liebe Julia,
vielen, vielen Dank für die ausführliche Antwort! Ich muss zugeben, dass ich nach deiner Erklärung jetzt fast neugieriger auf dein Digitalisierungsprojekt als auf die Arbeit der Fabricademy geworden bin… Die Einladung “traf” genau die Richtige, scheint mir und ich hoffe, dass wir mal die Gelegenheit für einen ausführlicheren Austausch haben werden.
Danke für das großzügige Teilen deiner Experimente und Erfahrungen und ein weiterhin so kreatives Jahr wünscht (dir uns uns Leser*innen)
Bele
DANKE für die tolle Inspiration!
Herzliche Grüße
Sabine
Hallo Sabine,
ich freue mich über Dein Interesse an diesem Projekt! Auf Deinen Weihnachtskleidern hätte ich mir sowas auch gut vorstellen können … 😉
Liebe Grüße
Julia
[…] jemand von Euch Lust auf ein solches Wearables Projekt hat – ich habe ein kleines Tutorial dazu […]
Sehr interessant, danke für den Einblick. Eine Frage hab ich dazu: Wie wäschst du den Pulli? Batterie raus und der Rest hält die Wäsche aus, oder ist alles abknöpfbar?
Lieben Gruß
Andrea
Hallo Andrea,
die Batterie lässt sich problemlos rausnehmen. Allerdings weiß ich nicht, ob die Glühbirnen Wasser vertragen. Ich denke, es wird eine Handwäsche, bei der der Halsbereich eher außen vorbleibt. Eine abknöpfbare Lösung wäre ideal – darüber werde ich beim nächsten Projekt nachdenken.
Herzlichen Gruß
Julia
Tolle Sache! Gefällt mir sehr gut! Diese Kombination von Elektronik und Stoff will ich seit langem ausprobieren – ich hatte mir so etwas schon mal auf einer Maker Fair in Hannover angeschaut, aber seit dem … Nun, großes Dankeschön für diesen spannenden Impuls und die interessanten Infos! Liebe Grüße!
Freut mich, dass Dich dieses Thema auch interessiert! Auf der Maker Fair in Hannover habe ich mir letztes Jahr ein Buch zu dem Thema gekauft. Vom Buch zum ersten Projekt war es dann aber doch noch ein längerer Weg. Mal sehen, was noch so kommt. Ich habe jedenfalls große Lust, noch mehr auszuprobieren. LG Julia